Sehr geehrter Herr Bürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Zu Recht wird seitens der VerantwortungsträgerInnen der Stadt regelmäßig auf die Bedeutung der hohen Investitionen hingewiesen: Mehr als 500 Mio. Euro stehen allein in dieser Gemeinderatsperiode über die AOG für Investitionen zur Verfügung. Damit werden Werte für die Grazer Bevölkerung geschaffen – damit werden aber auch gleichzeitig wichtige wirtschafts-, sozial- und beschäftigungspolitische Impulse gesetzt. Der Beschäftigungsimpuls ist auch deswegen besonders wichtig, weil die aktuellen Arbeitsmarktdaten für Graz ein eher düsteres Bild zeichnen: Mit August 2014 waren 16.269 Personen als arbeitslos vorgemerkt, d.h. gegenüber 2013 bedeutet dies einen Anstieg von 11,9 Prozent.
Jetzt wissen wir natürlich alle, dass die Vergaben einem komplexen vergaberechtlichen Rahmen unterliegen, dazu gehören: Gesetze, Verordnungen, Weisungen, Ministerratsbeschlüsse etc. Die Bestimmungen erlauben es den öffentlichen Stellen somit ausdrücklich, bei der Vergabe soziale, ökologische und/oder regionale Kriterien zu definieren, welche auch zu erbringen sind. Das Bundesvergabegesetz führt Beispiele für soziale Aspekte sogar explizit an: etwa die Beschäftigung von Frauen, von Personen im Ausbildungsverhältnis, von Langzeitarbeitslosen, von Menschen mit Behinderung und älteren ArbeitnehmerInnen. Das Bundesvergabegesetz kennt auch viele rechtlich zulässige Möglichkeiten, regionalfreundlich unter Berücksichtigung der z.B. Reaktionszeit, Schwellenwertverordnung etc. auszuschreiben. Damit wird durch die Ausschreibung dafür gesorgt, dass regionale Betriebe in ihren Chancen nicht schlechter gestellt werden. Auf dieses Modell (z.B. Fairnesskatalog Land Salzburg) wird von vielen Bundesländern und Kommunen österreichweit bereits zurückgegriffen. Somit werden bei relativ hohen Auftragswerten regionalfreundliche Vergabeverfahren durchgeführt (z.B. das nicht offene Verfahren ohne Bekanntmachung bei Bauaufträgen bis zu einer Million Euro). Auch eine Teilung eines Beschaffungsvorhabens in einzelne regionale Lose oder auch Fachgewerke (Fachlose) unterstützt den regionalen Aspekt.
Die positiven Effekte regionaler Auftragsvergaben zeigt eindrucksvoll eine Untersuchung der KMU Forschung Austria für das Land Niederösterreich: Ein (zusätzliches) Auftragsvolumen der öffentlichen Hand in Höhe von einer Million Euro bringt demnach für die betroffene Region zehn neue Arbeitsplätze (darunter eine Lehrstelle), Kommunalabgaben in Höhe von 7.300 Euro, eine Erhöhung der regionalen Kaufkraft um 200.000 Euro, positive Effekte für die Umwelt und die Energiebilanz durch kürzere Fahrzeiten von und zum Erfüllungsort der Leistung.
Unbestritten ist, dass die Stadt Graz mit ihren öffentlichen Vergaben schon jetzt bedeutende Impulse setzt. Wie und wo sie im Sinne der sozialen ökologischen und regionalen Aspekte wirken, ist jedoch offen. Es gibt seit Juli 2013 sogar einen Präsidialerlass, worin informiert wird, im Vergabeverfahren die genannten Aspekte zu berücksichtigen, ebenso besteht eine Dokumentations- und Informationspflicht durch einen Informationsbericht an den Stadtsenat, inwieweit bei Auftragsvergaben über einem Bestellwert von 0,01 v.H. der Jahreseinnahmen soziale und ökologische Aspekte berücksichtigt wurden.
KritikerInnen bezweifeln jedoch, dass die Stadt Graz bzw. das Haus Graz mit dem großen Investitionsbudget tatsächlich die steuernden Möglichkeiten bei der Auftragsvergabe ausschöpft. So weist beispielsweise der dem Stadtsenat am 20.3. 2014 vorgelegte Informationsbericht über insgesamt 31 Aufträge mit einem Bestellwert von jeweils über 90.000 Euro aus dem zweiten Halbjahr 2013 folgendes aus : Bei 30 von 31 Aufträgen mit einer Gesamtsumme von 6,549.455,10 Euro blieb die Frage, inwieweit soziale und ökologische Kriterien herangezogen wurden, unbeantwortet! Lediglich bei einem 110.000 Euro-Auftrag der GGZ wurde dies mit „ja“ beantwortet. Ein – gelinde ausgedrückt – ernüchternder Informationsbericht, der zu Recht die Frage aufwirft, inwieweit bei den gesamten Auftragsvergaben durch das Haus Graz soziale, ökologische und regionale Kriterien herangezogen werden.
Namens der sozialdemokratischen Gemeinderatsfraktion stelle ich daher
den dringlichen Antrag:
Der Stadtrechnungshof möge beauftragt werden
a) zu prüfen, inwieweit und in welchem Ausmaß bei Auftragsvergaben durch das gesamte „Haus Graz“ seit Juni 2013 (Präsidialerlass Nr. 16) soziale, ökologische und regionale Kriterien, sowie die Schwellenwerteverordnung berücksichtigt wurden und wo nicht
b) zu prüfen, ob und inwieweit es Verbesserungspotential gibt, aus den Investitionen des Hauses Graz mehr Wertschöpfung für die Region und speziell für Graz zu erzielen und welche Überlegungen es für kurz-, mittel- und langfristige Optimierungen hinsichtlich der stärkeren Berücksichtigung von sozialen, ökologischen und regionalen Kriterien sowie der Schwellenwerteverordnung gibt und einen entsprechenden Vorschlagskatalog/ein Handbuch binnen des nächsten Halbjahres zu entwickeln.
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