Graz rühmt sich immer wieder gerne, die RadlerInnen-Stadt - ja sogar die Fahrrad-Hauptstadt Österreichs - zu sein. Diese Selbstdefinition ist auf das erste Hinsehen auch bedingt zulässig, da der Anteil der RadfahrerInnen am sogenannten Modal Split hierzulande seit vielen Jahren im vorderen Bereich vergleichbarer Städte liegt. Sehen wir uns jedoch an, was andere (Landes-)Hauptstädte - etwa Salzburg, Innsbruck oder Wien - unternehmen, um ihren RadlerInnen-Anteil zu heben bzw. was dort zur Verbesserung der Infrastruktur für den Radverkehr unternommen wird, dann relativiert sich einiges und wir müssen uns eingestehen, dass unsere Fahrrad-Infrastruktur mit einer stark wachsenden Stadt und mit der fortschreitenden Änderung des Mobilitätsverhaltens - weg vom Auto, hin zum öffentlichen Verkehr, zum Rad- und zum Fußverkehr - beim Aus- und Nachbau der Infrastruktur in keinem der drei zuletzt genannten Bereiche mithält. Es fehlen gut ausgestattete Radwegverbindungen entlang von hochrangigen Hauptverkehrsstraßen, nicht nur von einigen äußeren Bezirken in Richtung Zentrumsbereiche, z.B. entlang der Plüddemanngasse, es fehlen sogar adäquate Lösungen im Bereich der Inneren Stadt. Wir alle kennen die derzeit wenig bis kaum zufriedenstellende, aber trotzdem einzige sicher befahrbare Möglichkeit, die bedingt, dass Straßenzügen in der Fuzo benutzt werden müssen. Wurden unter der damaligen Mobilitätsstadträtin Lisa Rücker noch sehr viele Radwege-Projekte umgesetzt und eine klare Priorisierung bei der Verbesserung der Radfahr-Infrastruktur gesetzt,
ist seit dem Wechsel der Mobilitätsagenden zu Verkehrsstadtrat Eustacchio beinahe alles, was von 2008 bis 2012 auf der Agenda sehr weit oben stand, nun auf den Grazer Straßen einfach nicht mehr auffindbar. Das augenscheinliche Fehlen jeglicher politischer Anstrengung, den FahrradfahrerInnen Lückenschlüsse abseits des Baues von Radweganlagen, der Ausweisung von Radfahrstreifen und von weiteren Radrouten mithilfe neuerer Ansätze und rechtlicher Möglichkeiten anbieten zu wollen, unterstreicht die Unterschiede in der Politik zweier nacheinander Verantwortlicher. Angeführt sei hier auch die nicht erfolgte Weiterführung oder gar Umsetzung des bereits Ende 2012 in Angriff genommenen Prüfkatalogs für potentielle Fahrradstraßen (s. Anhang). Statt dessen beschränkt sich die Politik des nun zuständigen Verkehrsstadtrats - wenn sie sich denn mit der Fahrradpolitik auseinander setzt - aktuell in Sachen Verbesserung der Infrastruktur für RadfahrerInnen auf - zugegeben einige recht positive - Projekte entlang von Landesstraßen. Diese Projekte haben einen großen Vorteil: Das Land Steiermark steht nicht nur bei der Planungsleistung, sondern auch bei den Baukosten selbst - in der Regel als Hälfte-Finanzier - zur Verfügung. Dieser (finanzielle) Vorteil soll und muss selbstverständlich so gut als möglich genutzt werden. Ansonsten liest die/der interessierte Grazer RadfahrerIn auch, dass es eine Arbeitsgemeinschaft geben soll, die Herrn Stadtrat Eustacchio bei der Analyse von Gefahrenstellen und kritischen Kreuzungen unterstützt. Gefahrenpunkte festzustellen, zu analysieren und über längere Zeiträume zu monitoren, ist selbstverständlich wichtig - nicht zuletzt aufgrund einer gleichwohl tragischen wie auch dramatischen Häufung von schweren und schwersten Unfällen, wo leider RadfahrerInnen wohl durch das Verhalten von KFZ-LenkerInnen zu Tode kommen mussten. Dies löst jedoch ein Grundproblem in Graz niemals: Qualitativ mangelhafte, lückenbehaftet oder jedenfalls für die Zahl der NutzerInnen nicht ausreichende Infrastruktur für die RadfahrerInnen in Graz dürfen nicht einfach hingenommen werden. Aus- und Neubaumaßnahmen von qualitätsvollen Radwegen und Radrouten sowie die Verordnung von Fahrradstraßen in dafür prädestinierten Straßenzügen oder vergleichbares mehr sind politisch zu wollen, fachlich zu planen und auf den Weg zu bringen. Das alles selbstverständlich entlang einer Prioritätensetzung und unter Bedachtnahme auf die budgetären Möglichkeiten.
In diesem Sinne stelle ich namens des Grünen Gemeinderatsklubs - ALG folgenden
Dringlichen Antrag
1. Der zuständige Verkehrsstadtrat, Mag. (FH) Mario Eustacchio wird beauftragt, ein Ausbauprogramm für notwendige Radwege-Infrastrukturverbesserungen erarbeiten zu lassen. Dieses Ausbauprogramm soll sowohl einen Vorschlag für eine Prioritätensetzung als auch eine erste grobe Kostenabschätzung beinhalten.
2. Stadtrat Eustacchio wird darüber hinaus beauftragt, einen erweiterten Katalog möglicher Fahrradstraßen - aufbauend auf der Vorschlagsliste von 2012 - inkl. beabsichtigtem Umsetzungshorizont ausarbeiten zu lassen.
3. Beides - Ausbauprogramm Radwege-Infrastruktur und der Katalog für mögliche Fahrradstraßen - sind dem Gemeinderat als Informationsbericht spätestens in der September-Sitzung dieses Jahres vorzulegen.
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