Betreff: Sprachniveau als zusätzliches Punktekriterium bei Antragsstellung für eine Grazer Gemeindewohnung
Die Gleichbehandlungsrichtlinie der EU 2003/109/EG ermöglicht Drittstaatsangehörigen eine Gemeindewohnung bzw. eine Übertragungs-wohnung über Einweisung der Stadt Graz zu beantragen. Der Vorteil liegt darin, dass auch Drittstaatsangehörige nach Feststellung des dringenden Wohn-bedarfs mit einer Gemeindewohnung versorgt werden können.
Die heterogene Durchmischung der städtischen Siedlungen bzw. in den Über-tragungswohnbauten stellt im täglichen Leben jedoch eine Herausforderung dar, zumal es regelmäßig zu zwischenmenschlichen Konflikten in den Siedlungen kommt. Auslöser sind oftmals Missverständnisse und fehlende Kommunikationsfähigkeit der Bewohner untereinander.
Um die Situation zu verbessern, bzw. all jenen zugezogenen Menschen einen Anreiz für den Erwerb der Amtssprache zu verschaffen, und somit der Integration durch Leistung Rechnung zu tragen, soll ein gewisses Sprachniveau für die Hauptmieter (B1, nach dem gemeinsamen europäischen Referenz-rahmen für Sprachen) als zusätzliches Punktekriterium bei Antragsstellung für eine Gemeindewohnung verankert werden.
Laut Rechtsmeinung Univ.-Prof. Dr. Andreas Hauer der JKU (vgl. Hauer: Deutschkenntnisse als Kriterium der kommunalen Wohnungsvergabe, RFG 2011/7, 21-27) stellt ein Verlangen von Deutschkenntnissen auf einem bestimmten Niveau keine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung aufgrund der Ethnie dar, da jene Person, sobald sie die Voraussetzungen erfüllt, ohne Ansehen ihrer ethnischen Herkunft, in den Kreis der Wohnungswerber aufgenommen wäre.
Die Kenntnis der deutschen Sprache als ein Kriterium zur Wohnungsvergabe stellt das geringere Mittel im Vergleich zu den durch die Kommunikations-probleme in sozialen Wohnanlagen entstehenden Konflikten dar, würde sohin einer Verhältnismäßigkeitsprüfung standhalten und wäre sachlich gerechtfertigt. Die Deutschkenntnisse stellen auch deshalb keine Diskriminierung dar, da schon bisher ein mehrjähriger Aufenthalt in Österreich in der jeweiligen Gemeinde eine Grundvoraussetzung für den Erhalt einer Wohnung ist und daher angemessene Deutschkenntnisse nach dieser Zeit keine unzumutbare Hürde darstellen. Auch kann der Zugang zu Leistungen, die über den Kernbereich der Sozialhilfe hinausgehen, beschränkt werden. Der Konsum einer vergünstigten Wohnung stellt keine Kernaufgabe der Sozialhilfe dar.
Die öffentliche Hand fördert über alle Ebenen den Erwerb der Deutschen Sprache, etwa über Kursmaßnahmen, womit der niederschwellige Zugang zu Deutschkursen für alle sozialen Schichten gegeben ist.
Daher stelle ich namens des ÖVP-Gemeinderatsclubs den
d r i n g l i c h e n A n t r a g,
Wohnen Graz und das Amt für Wohnungsangelegenheiten bzw. weitere Dienststellen der Stadt Graz werden um Prüfung ersucht, ob die Voraussetzung „Deutschkenntnisse auf Niveau B1 als zusätzliches Kriterium zur Erlangung einer Gemeindewohnung“ auch unter den gegebenen rechtlichen Rahmenbe-dingungen zulässig und für die Stadt Graz umsetzbar ist. Falls dies positiv beantwortet werden kann, wird ersucht, den Passus „Deutschkenntnisse auf Niveau B1“ in die Vergaberichtlinien zur Erlangung einer Gemeindewohnung aufzunehmen sowie im Punktesystem zu berücksichtigen und dem Gemeinderat ein entsprechendes Stück zur Beratung und Beschlussfassung vorzulegen.
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