Unter dem Titel „OPEN Reininghaus – In welcher Stadt wollen wir leben?“ fand am 21. September d.J. ein interdisziplinärer Kulturdialog statt. Wie groß das Interesse an der Entwicklung von Reininghaus und die Bereitschaft, sich aktiv einzubringen sind, zeigte schon die Zahl der TeilnehmerInnen. 120 Personen – Kulturschaffende, AnrainerInnen, PlanerInnen und interessierte StadtbewohnerInnen beteiligten sich an dieser Veranstaltung, deren Ziel es war, das Entwicklungsprojekt Reininghaus aus vielfältiger Perspektive – unter anderem auch aus der Perspektive von Kunst und Kultur – zu begehen, zu betrachten und zu denken.
Die Entwicklung dieses neuen Stadtteiles darf nicht einfach nur zugelassen werden, sie muss aktiv gestaltet werden und das unter Einbeziehung von Gesellschaft und Kultur. Diese Chance zu nutzen und nicht verstreichen zu lassen, war ein wesentlicher Appell der TeilnehmerInnen des Kulturdialoges. Viele der TeilnehmerInnen bekundeten ihre Bereitschaft, sich weiterhin aktiv einzubringen und bieten damit der Stadt ein großes fachliches und kreatives Potenzial für eine integrative Stadtentwicklung an.
Zu Reininghaus gibt es ja bekanntlich viele Bekenntnisse und Beschlüsse, etwa auch durch dieses Haus, den Grazer Gemeinderat. Wichtig ist jedoch, dass dieser Prozess nicht alleine von engagierten StadtplanerInnen, von ambitionierten VerkehrsplanerInnen, innovativen EigentümerInnen und InvestorInnen getragen wird, sondern im Sinne eines interdisziplinären Ansatzes Kunstschaffende, Menschen, die sich mit Städtebau befassen, SoziologInnen und andere engagierte WissenschaftlerInnen, ExpertInnen im Bereich BürgerInnenbeteiligung und Stadtteilarbeit, aber auch interessierte GrazerInnen – und hier insbesondere die AnrainerInnen, die im Umfeld des neuen Stadtteils wohnen - einzubinden.
Und wir müssen bei diesem Prozess nicht bei Null beginnen. Der Kulturdialog hat gezeigt, wie groß das Interesse aus den verschiedenen Bereichen und Berufsfeldern an Reininghaus und seiner Entwicklung ist und auch die Bereitschaft, sich aktiv zu beteiligen. Diese Ressourcen, diese Expertise, dieses Angebot, dürfen wir als Stadt Graz nicht einfach liegen lassen.
Reininghaus stellt eine Herausforderung dar, die die beauftragten städtischen PlanerInnen und entwerfenden Architekten – auch bei größtem Bemühen – alleine nicht werden schultern können. Im gesamten 57 Hektar umfassenden Reininghausgebiet ist flächig eine gemischte Erdgeschoßnutzung vorgesehen, die es für eine vielfältige – und nicht rein kommerzielle - Nutzung zu gestalten gilt. Darüber hinaus gilt es, Grün- und Freiflächen (öffentliche und halb-öffentliche) sowie sogenannte Verkehrsflächen – also den gesamten Bereich außerhalb von Wohn-, Büro- und Handelsflächen zu befüllen, zu bespielen und – vielleicht sogar ein Stück weit – neu zu erfinden.
Aber es geht nicht nur um das Endergebnis, also wie der neue Stadtteil am Ende des Prozesses bebaut und genutzt wird. Bis dahin werden Jahre vergehen, in denen viele Flächen für eine Zwischennutzung zur Verfügung stehen und die wir in unserer Stadt auch dringend benötigen. Ideen für Zwischennutzungen wurden schon öfter genannt, beginnend von der Nutzung für Sport, für Urban Gardening, für eine Festwiese, für Grillplätze, für Radrouten und Fußdurchwegung und für künstlerische Projekte, Ateliers, Probenräume und vieles mehr. Das Schlechteste was passieren kann ist, dass diese Flächen über die Jahre ungenützt bleiben. Aber es ist auch nicht zielführend, wenn wir als Stadt ohne Einbeziehung möglicher NutzerInnen und deren Ideen und Vorstellungen definieren, was auf diesen Flächen passieren soll. Auch hier gilt es, konsequent und aktiv jene Menschen und ihre Kompetenzen einzubeziehen, die sich für die Entwicklung des Reininghaus-Areals engagieren wollen. Nur eine integrative Entwicklung ermöglicht ein vielfältiges Stadtleben und eine Identifikation mit dem neuen Stadtteil und dieser Prozess muss spätestens jetzt begonnen werden.
Die TeilnehmerInnen am Kulturdialog sind zur Erkenntnis gekommen, dass nur dann, wenn ein offener Pool von ExpertInnen und engagierten Menschen die anlaufende Planung, Bebauung und Entwicklung kritisch wie konstruktiv begleiten und hinterfragen können und ihre Visionen und unterschiedlichen Sichtweisen sowie die kreativen Potenziale einbringen können, die Chance besteht, einen neuen lebendigen und zukunftsweisenden Stadtteil zu gewinnen, in dem man gerne wohnen, arbeiten, verweilen - also leben will. Andernfalls könnte Reininghaus das werden, was niemand von uns wollen kann, nämlich eine Schlafstadt auf der grünen Wiese.
Dieses stark spürbare Engagement, dieses vielfältige und kreative Potenzial, dieses wachsende und erweiterbare Netzwerk, braucht zudem eine Verortung und es braucht Raum – in Reininghaus selbst und bei den Zuständigen in der Stadt Graz. Das Labor, das hier entstehen soll, soll so bald wie möglich auch so etwas wie Feldversuche in Reininghaus durchführen, d.h. vielfältigste Variationen des sozialen und kulturellen Lebens und Miteinanders am freien Feld Reininghaus erproben und mittels temporärer Nutzung der interessierten Grazer Öffentlichkeit anbieten.
In diesem Sinne stelle ich namens des Grünen Gemeinderatsklubs - ALG folgenden
Dringlichen Antrag
1. Der zuständige Stadtsenatsreferent Bürgermeister Mag. Siegfried Nagl wird beauftragt, gemeinsam mit der Stadtbaudirektion und den weiteren mit Reininghaus intensiv befassten Planungsabteilungen sowie mit der Kulturabteilung – unter Einbeziehung der bisherigen Ergebnisse des Kulturdialogs zu Reininghaus sowie der genannten beteiligten Personen - eine Organisations- und Arbeitsstruktur zu schaffen. Diese soll zum Ziele haben, dass die Zwischennutzung und die dauerhafte spätere Nutzung der öffentlichen und halböffentlichen Räume sowie der Erdgeschoßzonen der zukünftigen Gebäude im gesamten neuen Stadtteil Reininghaus mit möglichst vielfältigem Know how und fachlich facettenreich beleuchtet, gedacht, experimentiert und schließlich umgesetzt wird.
2. Eingerichtet werden soll ein Pool an Personen aus den Bereichen Kunst und Kultur, aus dem Feld der Soziologie, aus Planung und Architektur, aus Religion und Wissenschaft, aus Stadtteilarbeit und Sozialer Arbeit unter Einbindung vor allem der jungen Generation. Diese Gruppe soll gemeinsam mit den städtischen Abteilungen und den Investoren gleichermaßen in Diskurs und Beratung für die Entwicklung der Erdgeschoßbereiche und der öffentlichen wie der halböffentlichen Räume treten.
3. Ein Konzept für einen festen Ort im Stadtteil Reininghaus, der als offene Denkfabrik für alle, die an einer Mitarbeit interessiert sind, dient und der zugleich auch als Anlaufstelle für die AnwohnerInnen, für spätere NutzerInnen und alle Neugierigen fungieren soll, ist auszuarbeiten und dem Gemeinderat zur Beschlussfassung vorzulegen.
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